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Kostbar ist die Idee bei Hilde Leiss in Hamburg

Feb 19th 2013, 23:18 - Permalink

" Moderne Schmuckdesigner verwenden profane Stoffe wie Draht und Polycarbonat. Kostbar ist die geformte Idee.

Signalorange gefärbtes " Geröll " am Revers oder ein Rubellitstein, der eine Verbindung mit dem Rest eines Gummihandschuhs eingegangen ist - die Schmuckstücke von Mirjam Hiller und Iris Bodemer können durchaus schockieren.
Moderne Preziosen reizen zum Schauen und Schmunzeln, zum Widerspruch und Gespräch. Im Vordergrund stehen nicht mehr die Materialität von Gold und Diamanten wie beim Juwelierschmuck, wichtig sind Handschrift und Zeitgenossenschaft. Die Preise beginnen deshalb schon bei ein paar Hundert Euro.

Die Umwertung des traditionellen Begriffs vom kostbaren Schmuck ist das Revolutionäre am heutigen " Autoren " - Design. Kostbar und originell ist die Idee, der Werkstoff darf alltäglich sein.

Svenja John etwa steckt futuristische Formen zu raumgreifenden Broschen und Armbändern aus Polycarbonat zusammen. Den Industriekunststoff lässt sie eigens formen und bemalt ihn von Hand. Ihre federleichten Stücke kosten zwischen 1400 und 3800 Euro. Die Trierer Professorin für Gestaltung Ute Eitzenhöfer reflektiert die Wegwerfgesellschaft, indem sie den Verschluss einer Shampooflasche hinten mit Gold broschiert und vorn mit einer Miniperle veredelt.

Hilde Leiss, Designerin und Galeristin in Personalunion, entwirft Ringe aus schwarzem Kristallachat, die aussehen, als funkle ein nächtlicher Sternenhimmel.

Iris Bodemer windet gar aus stacheligem Draht einen Ring. Tragbarkeit sei nicht das Kriterium, erklärt Cornelie Holzach. Für die Direktorin im Schmuckmuseum Pforzheim geht es wie in der bildenden Kunst um Konzept und Haltung.

Seit den 1970er - Jahren haben Performance und Arte povera Spuren in der Schmuckszene hinterlassen. Für eine guten Überblick sorgen die Galerien Hilde Leiss in Hamburg und Biró in München sowie die Grassimesse in Leipzig.

Das sich selbst Gold und Email neu interpretieren lassen, beweisen die anmutigen wie innovativen von Giovanni Corvaja und JaquelinRyan. Der Italiener hat es geschafft, für eine faszinierende Serie ' The Golden Fleece ' Gold dünner als menschliches Haar zu ziehen. Aus dem so gewonnen schimmernden ' Pelz ' macht Corvaja suggestive Ringe und Anhänger.

Die Britin Ryan interessiert sich für die struktuelle Ordnung der Natur. Sie entwickelt farbige Blütengebild aus beweglichen Glasemailelementen oder zarten Goldblättchen zu eigenwillig schönen Preziosen. Beide Preise reichen vo 6000 bis 30000 Euro.

Unter denzeitgenössischen Schmuckdesignern, die selbst herstellen, liegen die Goldschmiede Corvaja und Ryan damit am oberen Ende. Das ist übrigens genau das Level, das Mid - Career - Protagonisten der bildenden Kunst für ihre ausgezeichneten und begehrten Werke erwarten.

Zeitgenössischer Schmuck verrät viel über den Menschen, der ihn trägt. Über seinen Blick auf die Welt, seine Freude an heutiger Ästhetik und seine Offenheit.
' Kunst am Körper ' löst Emotionen aus - unterstreicht aber maximal die Individualität des Trägers.

Nix für ungut, Ihre Marktfrau.*

* Die M a r k t f r a u *, alias Dr. Susanne Schreiber, ist Redakteurin des Handelsblatt und betreut dort seit vielen Jahren den Kunstmarkt.

PS.

Dieser hervorragend geschriebene Artikel erschien im Magazin ' Weltkunst ' , No. 70/ März 2013, und wurde vom Zeitkunstverlag Link Text verlegt.

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Wolf MacKeller
Facilitator